Versteckt am Rheinufer

Versteckt am Rheinufer

Wer auf der Bonner Rheinpromenade spazieren geht, der hat die Augen meist auf den Fluss und die Sehenswürdigkeiten am Horizont gerichtet: auf Siebengebirge, Regierungsviertel oder die Schwarzrheindorfer Doppelkirche zum Beispiel. Dabei lohnt bei der Anlegestelle der „Köln-Düsseldorfer“ ein Blick nach rechts. Am unteren Ende der Vogtsgasse liegt hier im Schatten der Stützmauer des historischen Seminars ein kleiner Bildstock. Er erinnert an die Gertrudiskapelle, die wenige Meter entfernt gestanden hat und die heute fast in Vergessenheit geraten ist. Sie wurde wie die gesamte Bonner Altstadt durch den Luftangriff vom 18. Oktober 1944 zerstört. Was von ihr übrig war, versank -buchstäblich- in den Trümmern. Denn die Schuttberge der Innenstadt wurden kurz nach dem Krieg dafür verwendet, den Bereich zwischen Belderberg und Rheinufer um mehrere Meter aufzuschütten. Auf dem, was früher einmal das „Rheinviertel“ war, entstanden uncharmante Neubauten der Fünfzigerjahre.

Gewidmet war die Kapelle der Heiligen Gertrud von Nivelles, die in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts gelebt hat. Als Schutzheilige verfügte sie über ein sehr breites Portfolio. Angerufen wurde sie gegen Ratten- und Mäuseplagen (daher auch die Mäuse als ihr Attribut), sie galt als Beschützerin von Reisenden, Pilgern und Schiffern, der Gärtner, der Spinnerinnen und sogar der Katzen. Außerdem wird ihr historisch belegtes Engagement in der Krankenpflege und für die Bildung von Mädchen und Frauen bis heute erinnert.

Diese vielfältigen Anknüpfungspunkte dürften es gewesen sein, die eine eher unwahrscheinliche Koalition zusammengeführt haben: Der „Schiffer-Verein Beuel 1862“, das Bonner Frauenmuseum und der Bonner Travestiekünstler Curt  Delander haben gemeinsam dafür gesorgt, dass der Bildstock zur Erinnerung an die Kapelle entstand. Aufgemauert wurde er aus Ziegeln der untergegangenen Altstadt und aus Steinen der von deutschen Bomben zerstörten Stiftskirche Sankt Gertrud in Nivelles (Belgien). Damit ist er zusätzlich ein kleines Mahnmal für den Frieden, und er erinnert auch daran, dass versöhnte Feinde im Mittelalter die „St.-Gertruden-Minne“ tranken.

GertrudiskapelleDas 1944 zerstörte Gebäude war kein architektonisches Kleinod und hatte auch keine große sakrale Bedeutung mehr. Es war ein einfacher einschiffiger Saalbau aus dem 15. Jahrhundert mit bescheidener Ausstattung. Ursprünglich lag er unmittelbar hinter der Stadtmauer neben der „Gierpforte“, deren Namen sich aus „Gertrud“ ableiten lässt. Einen freien Blick auf den Rhein gab es auch nach Abriss der Mauer im 19. Jahrhundert nicht. Ein Hotelbau zwischen Ufer und Kapelle sorgte dafür, dass die Hinterhofsituation erhalten blieb. Die Pfarrkirche des Viertels war St. Remigius auf dem heutigen Remigiusplatz, die Gertrudiskapelle nur noch Filiale. Ihre Hauptnutzer waren lange die örtlichen Schiffer und ihre Bruderschaft. Dieses Aschenputteldasein mag erklären, warum sich gegen den Abbruch des Kirchleins kaum Widerspruch erhob.

Trotz ihres wenig ansehnliche Äußeren und ihrer zu diesem Zeitpunkt geringen Bedeutung galt die Gertrudiskapelle in der mündlichen Überlieferung des 19. Jahrhunderts als die nach dem Münster „vornehmste“ Kirche Bonns. Diese Aussage wollte schon damals nicht zu dem passen, was man über ihre Geschichte wusste: Ersterwähnung 1258, kleine Klause von Zisterzienserinnen, später vorläufiger Standort der Kapuziner und der Franziskaner-Rekollekten – jeweils ehe sie ihre großzügigen Kloster-Neubauten bezogen. Wieviel Wahrheit in mündlicher Überlieferung stecken kann, brachte 2010/11 eine archäologische Grabung mit sensationellen Ergebnissen ans Licht. Sie fand die Überreste von zwei Vorgängerbauten – der früheste aus dem 8. Jahrhundert und damit karolingisch und in etwa so alt wie die beiden ältesten innerstädtischen Pfarrkirchen St. Remigius und St. Martin. Sehr wahrscheinlich war schon diese erste Kapelle der Heiligen Gertrud gewidmet. Das lässt sich daraus ableiten, dass der Name genau wie Remigius und Martin in karolingischer Zeit für Kirchen oft Verwendung findet – kein Wunder, war die historische Gertrud doch eine der Vorzeigepersönlichkeiten aus der Ahnenreihe Karls des Großen.

Ob diese erste Gertrudiskapelle als Pfarrkirche entstanden ist, oder ob sie einen anderen Ursprung hat, wissen wir nicht. Jedenfalls muss sie bis Mitte des zwölften Jahrhunderts der geistliche Mittelpunkt eine recht ausgedehnten und auch archäologisch belegten Siedlung entlang des Rheins gewesen sein. Diese verlor im Verlauf des Mittelalters stark an Bedeutung und mit ihr die Kirche der Heiligen Gertrud. Heute ist der kleine Bildstock an der Vogtsgasse die letzte Brücke in diese Zeit.

Von der Zementfabrik zum innovativen Treffpunkt: der Bonner Bogen

Von der Zementfabrik zum innovativen Treffpunkt: der Bonner Bogen

Ich erinnere mich gut an die in den 90er Jahren leerstehende Zementfabrik (wir nannten sie „Geisterhaus“), die wir auf dem Fahrradweg nach Königswinter umrunden mussten. Heute ist hier – auf der sonnigen Seite von Bonn – am Wochenende ein sehr beliebter Treffpunkt. Fahrradfahrer machen hier Rast, Familien nutzen die Wiesen und Spielgeräte, Lokale laden ein zum Essen und Trinken.

In den 80er Jahren endete die Geschichte der Portlandzementfabrik und es begann ein längerer abwechslungsreicher Prozess der Planungen, Ausschreibungen und Wettbewerbe, was dort entstehen könnte.

Schließlich entstand – und es wird immer noch erweitert – an einer schönen neuen Rheinpromenade ein herausragendes Beispiel für die Transformation eines Industriestandortes. Innovative Architektur, nachhaltige Stadtplanung und attraktive Nutzungsmischung fügen sich gut zusammen mit der umgebauten Zementfabrik, einem Wasserturm und der ehemaligen Direktorenvilla.

Planung und Konzeption

Die Planung für den Bonner Bogen begann in den frühen 2000er Jahren und wurde von renommierten Architekten und Stadtplanern wie Karl-Heinz Schommer begleitet. Der Masterplan sah eine Nutzungsmischung aus Büroflächen, Hotels, Gastronomie und Wohnraum vor. Zentral war die Integration des Standorts in die natürliche Umgebung, insbesondere durch die Nähe zum Rhein und die Ausrichtung der Gebäude zum Rhein hin. Die architektonische Gestaltung legte dabei Wert auf Modernität und hochwertige Materialien, während auch historische Elemente, wie der denkmalgeschützte Wasserturm, erhalten und in die Neubauten integriert wurden.

Skulptur Mother Earth von Barton Rubenstein

Ein besonderes Augenmerk galt der ökologischen Nachhaltigkeit. Die Gebäude wurden nach modernen Umweltstandards errichtet, mit Fokus auf Energieeffizienz und die Nutzung erneuerbarer Energien.

 

Umsetzung und Etablierung

Die Bauphase begann 2004 und wurde in mehreren Etappen realisiert. Eines der ersten und bekanntesten Gebäude ist das Kameha Grand Hotel, das 2009 eröffnet wurde. Mit seiner ​Architektur​ und besonderem Design im Inneren, ist es zu einem Wahrzeichen des Bonner Bogens geworden. Es zieht nicht nur Touristen, sondern auch Unternehmen für Veranstaltungen und Kongresse an.

Kameha Grand Hotel

„Ei“ vom Marcel Wanders

Neben dem Hotel entstanden zahlreiche Büroflächen, die insbesondere von Unternehmen aus den Bereichen Technologie, Wissenschaft und Beratung genutzt werden. Die Kombination aus modernen Arbeitsplätzen, hochwertiger Gastronomie und Erholungsräumen wie dem Rheinuferradweg macht den Standort zu einem begehrten Ort für Unternehmen und Arbeitnehmer.

Das gesamte Gebiet wurde durch mehrere Skulpturen ästhetisch aufgewertet, darunter die Skulptur „Der Denker“ des deutschen Künstlers Dieter W. Meding, die vor dem Hauptsitz des Softwareentwicklers SER steht, die Skulptur „Mutter Erde“ des amerikanischen Künstlers Barton Rubenstein, die vor dem Restaurant Rohmühle steht, und die Skulptur „Mutter Erde“, die an das 75-jährige Jubiläum der Vereinten Nationen erinnert.